Steff Neukam, der CEO der Stiftung meistro, war die meiste Zeit seines Berufslebens Inhaber und Geschäftsführer einer Werbeagentur. Kein Wunder also, dass er in seiner neuen Rolle sofort an „Guerilla Marketing“ dachte, als es darum ging, die Stiftung bekannt zu machen. Denn „normale“ Werbung darf eine gemeinnützige Stiftung nicht machen.
Schnell kam dem Oldtimerfreund Neukam der Gedanke, etwas in der Szene provokantes zu tun: nämlich einen seltenen Klassiker so umzurüsten, dass er CO₂-neutral fährt. Das sogar bei Oldtimer-Rallyes, die es von Frühjahr bis Herbst überall gibt.
Der erste Mann, mit dem er darüber sprach, war der Inhaber von VOLTIMER GmbH, Johannes Boddien. VOLTIMER hat sich 2016 als Unternehmen auf die Umrüstung von Klassikern auf E-Antriebe spezialisiert und fungiert dabei als Generalunternehmer sowie Projektleiter. Prinzip: One face to the customer.

Um etwas aus dem Nähkästchen zu plaudern, haben wir mit ihm gesprochen:
Stiftung meistro:
Wie kam es dazu, dass ein Porsche 914E als Elektrofahrzeug umgebaut werden sollte?
Johannes Boddien:
Wir sollten einen Oldtimer so umbauen, dass er eine Oldtimer-Rallye mit bis zu 300 km durchfahren und schnell laden kann sowie selten ist. Außerdem sollte das Auto wieder zurückrüstbar auf den Originalzustand sein. Steff Neukam schlug den sogenannten VW-Porsche vor, der für Rallyes mit seinem Mittelmotorkonzept ideal ist. Das Fahrzeug hat ja auch eine interessante Historie.
Stiftung meistro:
Mit welchen Firmen arbeiteten Sie als Generalunternehmer bei der Projektrealisierung zusammen?
Johannes Boddien:
Das waren zahlreiche Unternehmen. Unser wichtigster Partner war die Firma ESDI aus Herford. Das sind Experten für luftgekühlte Boxermotoren wie den Porsche 911, den VW Käfer und die Bullis von T1 bis T3. Unser 914 hatte ja ursprünglich auch einen luftgekühlten Boxermotor (2 Liter, 100 PS) eingebaut. Passte also gut.

Stiftung meistro:
Welche Hürden waren dabei zu überwinden?
Johannes Boddien:
Da gab es eine ganze Menge. Denn ähnlich umgebaute 914er kann man weltweit an einer Hand abzählen. Das war also kein Routine-Job.
Nachdem wir das Auto gefunden hatten, musste es aufwendig restauriert werden. Denn trotz Zustandsnote 2 gab es eine Menge Arbeit zu erledigen, um das Auto erstmal fit für den Umbau zu machen. Dabei entdeckten wir übrigens auch, dass der Wagen einen Unfall gehabt haben muss. Das wurde aber beim Kauf des Autos nicht angegeben. Der Verkäufer wusste das vermutlich selbst nicht.
Nach der Restaurierung verstärkten wir die Bremsleistung und Fahrwerkseigenschaften. Der alte Boxermotor hatte ein vergleichsweise geringes Drehmoment und nur 100 PS. Das wollten wir deutlich überbieten. Der ursprüngliche Wagen war ein Porsche 914, also ein Vierzylinder. Besser wäre für uns der 916 (mit dem 6-Zylinder-Motor) gewesen, aber diese Autos bekommt man kaum unter 100.000 EUR. Vom Porsche 916 bauten wir jedoch die Bremsanlage ein, die wesentlich belastbarer als die ursprünglichen sind.
Dann erst konnten wir die Umrüstung des Antriebs vornehmen.
Stiftung meistro:
Das klingt ja wirklich aufwendig. Warum haben Sie sich bei den Elektrokomponenten für einen Tesla-Motor und Porsche Taycan Batterien entschieden?
Johannes Boddien:
Das war keine schwere Entscheidung. Denn nur Tesla konnte Motoren bauen, die mit wenig Energie auskommen und hohe Leistungen besitzen. Unser 914E saugt jetzt ja nur etwa 12 kWh pro 100 km aus den Akkus. Außerdem passten alle anderen Spezifikationen ideal.
Ähnlich war das beim den Akkus. Das Auto wurde zuvor mit 3D-Scans vermessen, als alles ausgebaut war. So konnten wir einen Akkupack finden, der auf dem zur Verfügung stehenden Platz genug Kapazität für die gewünschte Reichweite besitzt. Das waren die Porsche Taycan Batterien, die ja obendrein gut in die Markenfamilie passten.
Stiftung meistro:
Nun eine provokante Frage: Macht ein Umbau vom CO₂ Abdruck her überhaupt Sinn, wenn die Stiftung mit dem Auto auf den Naturschutz aufmerksam machen möchte?
Johannes Boddien:
So wenig CO₂ wie möglich zu verbrauchen, war natürlich auch eine Vorgabe der Stiftung. Deshalb haben wir vorwiegend Second Life Komponenten eingesetzt. Also ein gebrauchter Motor, gebrauchte Batterien und so weiter.
Beides mussten wir übrigens im Ausland organisieren. Bei uns in Deutschland gibt es keinen Markt dafür.
Das Auto selbst war ja sowieso vorhanden. Alleine das spart übrigens im Vergleich zu einem Neuwagen so viel CO₂, wie man für eine dreifache Erdumrundung verbrauchen würde.
So haben wir es geschafft, nur maximal 10 % Neuteile zu verwenden. Alles andere waren geprüfte Gebrauchtteile.
Stiftung meistro:
Was waren die größten Herausforderungen, die zu meistern waren?
Johannes Boddien:
Der 9-monatige Umbau hatte es schon in sich. Am aufwendigsten war es tatsächlich, das Auto so vorzubereiten, dass wir es umrüsten konnten. Der TÜV hat dabei sehr konkrete Vorstellungen, wie das auszusehen hat. Deshalb mussten u.a. Stabilisatoren eingebaut werden und die leistungsfähigere innenbelüftete T-Kreis Bremsen vom 916.
Es sollte ja so stabil sein, dass das Auto einen 300 PS E-Motor aushält. Wir sind also ziemlich im Randbereich unterwegs. Deshalb haben wir sicherheitshalber den Motor auf „nur“ 132 kW, also 180 PS, gedrosselt.
Doch das ist mit dem erzeugten Drehmoment eines E-Motors mehr als ausreichend Leistung.
Stiftung meistro:
Stimmt. Wenn´s darauf ankommt, lassen wir mit dem 914E jeden modernen Verbrenner beim Start stehen. Die dürfen dann das schöne Heck des Autos bewundern.
Andere Frage: Wie liefen die ersten Tests mit dem Auto?
Johannes Boddien:
Oh, die waren spannend. Und auch dramatisch. Bei einer der Probefahrten testeten wir die Maximalgeschwindigkeit des Autos. Bei etwa 200 km/h lockerte sich der Alurahmen von der Windschutzscheibe. Das war kritisch.
Jetzt aber ist sie stabil eingepasst und der Motor etwas gedrosselt. Das passiert nicht noch einmal. Das Auto ist mit den verstärkten Bremsen, der Servolenkung und dem viel besseren Fahrwerk sicherer als je zuvor. Aber es bleibt ein 50 Jahre alter Oldtimer.
Das Handling des Autos ist im Grunde wie früher. Der fühlt sich an, wie ein Porsche 914 von 1973.
Auch dass das Auto jetzt sowohl an Tesla Superchargern als auch bei weiteren Schnellladesäulen oder an der ganz normalen Steckdose problemlos laden kann, war herausfordernd. Wir haben es aber geschafft.
Stiftung meistro:
Wie wartungsanfällig ist ein solcher E-Oldtimer?
Johannes Boddien:
Was den Elektroumbau angeht, ist kaum etwas zu machen. Ein Elektromotor läuft verschleißarm. Deshalb erwarte ich da keinen großen Wartungsaufwand.
Software-Updates oder -Einstellungen übrigens können wir auch per Fernwartung aufspielen. Das funktioniert beinahe so wie bei modernen E-Autos.
Anders sieht es mit dem Rest des Autos aus. Der Wagen ist ein Oldtimer, der auch entsprechend reparaturanfällig ist. Jeder, der Oldtimer fährt, weiß das. Die Handbremse zum Beispiel muss oft nachgestellt werden. Ist eine 914er-Besonderheit.
Es empfiehlt sich also, regelmäßig Wartungen am Auto durchzuführen, damit die Karosserie und die Bremsen gut erhalten bleiben.
Stiftung meistro:
Hört sich nach einen abwechslungsreichen Beruf an. Letzte Frage: Würden Sie das mit VOLTIMER heute noch einmal machen?
Johannes Boddien:
Natürlich. Das war meine beste Berufsentscheidung. Es macht Spaß. Ich komme mit interessanten Menschen zusammen und diese Autos faszinieren mich. Egal ob jemand einen Porsche 914, einen alten Mercedes/8, einen VW Käfer, Fiat 500, Austin Mini oder einen anderen Oldtimer als E-Fahrzeug umgerüstet haben möchte. Wir machen das mit unserem Netzwerk möglich.
Technische Details: